Validierung der Wischdesinfektion
Erfüllt eine Aufbereitung mit Tristel Trio noch die aktuellen Anforderungen an die Aufbereitung von semikritischen Medizinprodukten?
im November 2021 veröffentlichte das Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit den für Medizinprodukte zuständigen Landesbehörden und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Information im EpidBull 44|2021 bezüglich der Validierung der abschließenden Desinfektion von semikritischen Medizinprodukten mittels Wischdesinfektion.[1]
Im Zentrum der Diskussion steht die Frage der Validierbarkeit, eine der Voraussetzungen, die an ein Aufbereitungsverfahren gestellt werden.
Die Bedenken bezüglich der Validierbarkeit stützen sich darauf, dass „Bei Desinfektions-verfahren durch Wischen […] für die ausreichende Aufbringung des Desinfektionswirkstoffes auf allen zu desinfizierenden Oberflächen eine manuelle mechanische Krafteinwirkung erforderlich [ist]. Dieser manuelle Verfahrensschritt müsste von jeder die Aufbereitung durchführenden Person in der jeweiligen Einrichtung für jedes so aufbereitete Medizinprodukt reproduzierbar belegt werden. Derzeit ist keine Leitlinie oder Norm bekannt, die für die Gewährleistung dieser Anforderung als angemessene Grundlage dienen könnte.“
In diesem Brief möchten wir darlegen, warum das Tristel Trio Wipes System so konzipiert ist, dass bei dessen korrekter Anwendung diese Bedenken auf ein minimales Risiko reduziert werden. Zudem erläutern wir, wie eine Validierung durch den Medizinprodukte-Betreiber durchgeführt werden kann.
I. Leistungsfaktoren
Es ist allgemein anerkannt, dass sich die Leistung sämtlicher chemischer Reinigungs- und Desinfektionsmittel aus vier Faktoren zusammensetzt: der Chemie/Konzentration, der Temperatur, der Mechanik und der Zeit.[2]
Im Gegensatz zu anderen Desinfektionstüchern ist beim Tristel Sporicidal Wipe gewährleistet, dass die Konzentration jedes einzelnen Tuches gleichbleibend ist, da sie einzeln verpackt sind und somit im Laufe ihres Haltbarkeitsdatums nicht austrocknen oder anderweitig ihre Wirkung verlieren können. Zudem wird der Wirkstoff vor jeder Anwendung durch Aktivierung immer frisch erzeugt.
Bei Desinfektionstüchern ist die Temperatur konstant (Raumtemperatur).
Durch eine in Deutschland entwickelte, und dann in europäischen Fachgremien diskutierte und veröffentlichte Norm, der EN 16615 (4-Felder-Test), wurde die Mechanik standardisiert: in diesem Prüfverfahren wird immer mit dem gleichen Druck und der gleichen Wischgeschwindigkeit gewischt, um die Desinfektionsleistung zu belegen. Aus den Ergebnissen dieses Tests ergibt sich dann die erforderliche (Einwirk-) Zeit, welche in die Auslobung der Desinfektionsleistung einfließen. Das Tristel Sporicidal Wipe, das Desinfektionstuch des Tristel Trio Wipes Systems, hat die EN 16615 bestanden.
II. Risikobewertung der Mechanik
Medizinprodukte, welche durch Wischverfahren aufbereitet werden können, wurden in der Literatur auf deren Kontamination untersucht. Transvaginale Ultraschallsonden zeigten nach Abnahme des Überziehers eine Verschmutzung mit 15 bis 1000 Keimen pro Instrument, bei transrektalen Ultraschallsonden waren es 3 bis 1000. [3] In einer anderen Studie wurden auf Ultraschallköpfen noch 10 bis >3000 Keime gefunden.[4] Auf der Oberfläche von Koloskopen konnten in einer Studie < 70 koloniebildende Einheiten (KBE) gefunden werden[5], wohingegen bei Laryngoskopspateln zwischen 1 bis >300 KBE gefunden wurden.[6] In der Literatur ist also eine Kontamination mit verschiedensten Keimen und einem Ausgangswert von bis zu 3x 103 belegt, was einem log10-Wert von 3,48 entspricht.
Um das Risiko der Mechanik in diesem Licht zu bewerten, wurde mit dem Desinfektionstuch des Tristel Trio Wipes Systems ein Test durchgeführt, ohne dass eine Wischmechanik stattfand. Das heißt, es wurde geprüft, welche Desinfektionsleistung lediglich durch einen kurzen Kontakt des Desinfektionstuches mit einem kontaminierten Testfeld erfolgt (wie in EN 16615). Es konnte gezeigt werden, dass ohne jegliche Wischmechanik genügend Desinfektionsflüssigkeit aus dem Tuch austritt, um eine Reduktion um mehr als 3,5 log10-Stufen zu erreichen. Betrachtet man dies in Relation zu o.g. Ausgangskeimzahlen in der Praxis, ist die weitere Abtragung von Keimen durch die Mechanik des Wischens ein zusätzliches Sicherheitsnetz.
Daher kann geschlussfolgert werden, dass für das Tristel Sporicidal Wipe die zu erreichende Desinfektionsleistung von unterschiedlichen Krafteinwirkungen verschiedener die Aufbereitung durchführenden Personen unabhängig ist.
Der Desinfektion geht zudem – nach den gesetzlich geregelten Vorgaben – immer zumindest ein Reinigungsschritt voraus, welcher die Keimbelastung vor dem Desinfektionsschritt bereits weiter verringert.
III. Reproduzierbarkeit
Das Tristel Trio Wipes System wurde in unabhängigen und entsprechend akkreditierten Prüflaboren an einer Vielzahl von unterschiedlichen Medizinprodukten auf seine Anwendbarkeit validiert (simulated-use – Wirksamkeit an realen Medizinprodukten). Unter der Annahme, dass mindestens ein Labormitarbeiter an jeder dieser Validierungen beteiligt war, ergibt sich rein rechnerisch, dass mindestens 15 verschiedene Personen 52 erfolgreiche Desinfektionszyklen an 16 unterschiedlichen Medizinprodukten durchgeführt haben.
In jeder Validierung wurde die Desinfektionsleistung des Tristel Trio geprüft. Als Grundlage dienten die in europäischen Standardnormen veröffentlichten Methodiken bzw. Akzeptanzkriterien. Die in diesen Testungen mit der Aufbereitung betrauten Personen (Labormitarbeiter) waren mit dem Tristel Trio vertraut – entweder durch Lesen der Gebrauchsanleitung und/oder da sie in die Nutzung des Tristel Trio eingewiesen wurden. Sie waren jedoch nicht vertraut im Umgang mit dem Medizinprodukt. Man kann also sagen, sie waren für die Aufbereitung weniger qualifiziert, als dies geschultes Personal vor Ort in einer medizinischen Einrichtung wäre.
Die Reproduzierbarkeit des Desinfektionsergebnisses ist somit über verschiedene Personen belegt, sofern die Bedienungsanleitung eingehalten wird.
IEC 62366-1:2015[7] ist der Standard, anhand dessen belegt wird, dass die in mikrobiologischen Laborstudien bewiesene Effizienz auch über verschiedene Anwender in der Praxis angenommen werden kann. Die Usability-Validierung ist eine Prüfung mit objektiven Mitteln, ob Nutzer im Nutzungskontext die Zweckbestimmung effektiv und effizient erreichen können.
Die Bedienungsanleitung des Tristel Trio Wipes Systems wurde in acht verschiedenen medizinischen Einrichtungen in Großbritannien und Deutschland, in Krankenhäusern und bei niedergelassenen Ärzten auf Reproduzierbarkeit geprüft. Die Teilnehmer (m/w) waren Ärzte, Pfleger und medizinisches Fachpersonal, welche zumindest Sachkunde über die Aufbereitung von Medizinprodukten besaßen. Keiner der Teilnehmer war zum Zeitpunkt der Studie Nutzer des Trios. Die Studie bewertete, ob die Teilnehmer allein anhand der Gebrauchsanleitung alle Schritte des Aufbereitungsprozesses korrekt umsetzten. Es wurden keine Nutzerfehler in den kritischen Prozessschritten festgestellt. Die in der Studie festgestellten Verbesserungsvorschläge wurden umgesetzt.
Die Reproduzierbarkeit des Desinfektionsprozesses ist somit über verschiedene Personen belegt.
Auf Basis der oben genannten Prüfungen kann auch im Rahmen einer Vor-Ort-Validierung in den medizinischen Einrichtungen der Beleg der Reproduzierbarkeit darauf beschränkt werden, den Aufbereitungsprozess dahingehend zu beobachten und zu bewerten, ob die Prozessschritte (kritischen Prozessparameter) der Anleitung befolgt werden. Dies kann für jede mit der Aufbereitung beauftragte Person erfolgen.
Es bietet sich zudem an, analog zu den Routinekontrollen wie bei manueller Desinfektion im Tauchverfahren, die mittels Wischdesinfektion aufbereiteten Medizinprodukte regelmäßig auf Restproteine zu untersuchen und/oder mikrobiologische Abklatschtests an aufbereiteten Medizinprodukten durchzuführen. Diese Ergebnisse tragen zur Dokumentation der Reproduzierbarkeit des Reinigungs-/Desinfektionserfolgs des Wischverfahrens bei, und zur nachhaltigen Sicherung der gleichbleibenden Qualität des Prozesses.
IV. Validierbarkeit
Eine Vor-Ort-Validierung kann unabhängig von der Existenz spezieller Leitlinien und Normen erfolgen; entscheidend ist nur, dass es (überhaupt) eine Validierung des Prozesses gibt. Als ein Beispiel dient hier die manuelle Aufbereitung von thermolabilen Endoskopen. Es ist bisher keine Leitlinie veröffentlicht, wie die manuelle Aufbereitung dieser Instrumente validiert werden kann. Dennoch werden diese Medizinprodukte validiert aufbereitet.
Validierte Verfahren werden in der KRINKO-/BfArM-Empfehlung[8] definiert als solche, „…welche ein definiertes Ergebnis reproduzierbar und nachweisbar ständig erbringen.“ Die Reproduzierbarkeit wurde wie oben erwähnt belegt und ist vor Ort durch Beobachtung jederzeit bewertbar. Durch die integrierte Dokumentation als Teil des Tristel Trio Wipes Systems ist zudem eine chargengenaue Nachweisbarkeit für jeden einzelnen Aufbereitungsprozess gegeben.
Der Betreiber ist für die Aufbereitung und deren Validierung verantwortlich. Er kann dabei auf die Verfahren zurückgreifen, die die Medizinproduktehersteller in ihren Anleitungen als validierte Verfahren angeben, da diese laut MDR (2017/745/EU) und ISO 17664 verpflichtet sind, Angaben zu geeigneten und validierten Aufbereitungsverfahren mitzuliefern. Primär kann der Betreiber bzw. Aufbereiter auf die Herstellerangaben vertrauen. Allerdings müssen die Herstellerangaben dokumentiert auf Plausibilität und Vollständigkeit geprüft werden. Auch § 8 Abs. 1 Satz 1 MPBetreibV fordert vom Betreiber des Medizinprodukts die Aufbereitung von Medizinprodukten unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers. Entsprechend weist Abschnitt 1.3 der KRINKO/BfArM-Empfehlung darauf hin, dass der Umfang der für die Validierung erforderlichen Prüfungen durch Beleg geeigneter Angaben des Herstellers reduziert werden kann.
Es empfiehlt sich, eine Validierung immer auf die Prinzipien und Qualitätsmanagementvorgaben bestehender Leitlinien zu basieren, auch wenn diese ursprünglich nicht für die fragliche Aufbereitung vorgesehen waren oder die betroffenen Medizinprodukte sogar aus dem Geltungsbereich ausgenommen sind. Sofern der Betreiber eine angemessene Grundlage wählt, kann unter Einbeziehung anerkannter Regeln ein Prozess auch in Abwesenheit einer Leitlinie/Norm als wiederholbar erfolgreich belegt werden.
Für die Validierung der manuellen Aufbereitung mittels Wischtüchern bietet sich als Grundlage der Validierung vor Ort zum Beispiel die „Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und manuellen chemischen Desinfektion von Medizinprodukten (DGKH, DGSV, AKI, VAH -2013)“ [9] an.
Alternativ könnten auch Prinzipien der Validierung maschineller Prozesse mit einfließen, etwa die der DIN EN ISO 15883[10] oder der „Leitlinie zur Validierung maschineller Reinigungs-Desinfektionsprozesse zur Aufbereitung thermolabiler Endoskope (DGKH, DGVS, DGSV, AKI, DEGEA – 2011)“[11].
V. Rechtliche Sicherheit
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die höchste rechtliche Sicherheit besteht, wenn man weiterhin die gesetzlichen Vorgaben beachtet, die sich aus dem Medizinprodukterecht-durchführungsgesetz (MPDG) [12] und der Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) ergeben. Hier sei insbesondere genannt:
„Die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten ist unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird. Eine ordnungsgemäße Aufbereitung nach Absatz 1 Satz 1 wird vermutet, wenn die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird.“[13]
Das Tristel Trio Wipes System erfüllt alle Anforderungen, die auf den ausgelobten Anwendungsbereich zutreffen.[14]
Festzuhalten ist, dass der Publikation im EpidBull 44|2021 nicht dieselbe rechtliche Bindung zukommt, die sich aus den bereits bestehenden gesetzlichen Vorgaben ergibt.
Da die wissenschaftliche Grundlage der Publikation im Epidemiologischen Bulletin nicht ersichtlich ist, sollte man sie vielleicht als Bedenkensäußerung werten. Es ist legitim und wichtig, mögliche Risiken zu benennen, damit sich Betreiber bei der Beurteilung der einzelnen Aufbereitungsprozesse damit auseinandersetzen können und diese im Rahmen ihrer Risikobewertung mit einfließen lassen.
Liest man die Veröffentlichung also unter dem Risikobewertungsprinzip, dann wäre für ein Desinfektionstuch, welches
- bei jedem Aufbereitungsprozess immer die gleichen Parameter sicherstellt (chemische Konzentration, Zeit),
- eine nachweislich ausreichende Desinfektionsleistung – mit und ohne Mechanik – erbringt,
- wiederholt seine Leistungsfähigkeit durch unterschiedliche Anwender belegen konnte,
- einen präzisen und gut vermittelten, reproduzierbaren Prozess beschreibt,
und - eine Nachweisbarkeit anbietet
eine Validierung möglich.
Wir sehen all dies beim Tristel Trio Wipes System als gegeben.
Daher erfüllt eine Aufbereitung mit Tristel Trio aus unserer Sicht auch weiterhin die Anforderungen an die Aufbereitung von semikritischen Medizinprodukten.
Quellenangaben:
[1] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/44_21.html
[2] Sinnerscher Kreis, z.B. in Rieth, M. Pharmazeutische Mikrobiologie; Qualitätssicherung, Monitoring, Betriebshygiene. 2017
[3] Kac, G., Podglajen, I., Si-Mohamed, A., Rodi, A., Grataloup, C. and Meyer, G. (2010). Evaluation of Ultraviolet C for Disinfection of Endocavitary Ultrasound Transducers Persistently Contaminated despite Probe Covers. Infection Control & Hospital Epidemiology, 31(2), pp.165–170.
[4] M’Zali, F., Bounizra, C., Leroy, S., Mekki, Y., Quentin-Noury, C. and Kann, M. (2014). Persistence of Microbial Contamination on Transvaginal Ultrasound Probes despite Low-Level Disinfection Procedure. PLoS ONE, 9(4), p.e93368.
[5] Chu, N.S. and Favero, M. (2000). The Microbial Flora of the Gastrointestinal Tract and the Cleaning of Flexible Endoscopes. Gastrointestinal Endoscopy Clinics of North America, 10(2), pp.233–244.
[6] Lowman, W., Venter, L. and Scribante, J. (2013). Bacterial contamination of re-usable laryngoscope blades during the course of daily anaesthetic practice. South African Medical Journal, 103(6), p.386.
[7] IEC 62366-1:2015 Medical devices — Part 1: Application of usability engineering to medical devices
[8] Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten. Anlage 1. Bundesgesundheitsblatt 2012. 55:1244-1310.
[9] https://www.dgsv-ev.de/wp-content/uploads/2016/09/Manuelle_Leitline_deutsch_Internet.pdf
[10] DIN EN ISO 15883-4:2019-06 – Reinigungs-Desinfektionsgeräte – Teil 4: Anforderungen und Prüfverfahren für Reinigungs-Desinfektionsgeräte mit chemischer Desinfektion für thermolabile Endoskope (ISO 15883-4:2018); Deutsche Fassung EN ISO 15883-4:2018
[11] https://www.krankenhaushygiene.de/pdfdata/leitlinien/VamaReDeZuAuThEn_weiss.pdf
[12] https://www.gesetze-im-internet.de/mpdg/
[13] https://www.gesetze-im-internet.de/mpbetreibv/__8.html
[14] https://tristel.com/de-de/fachwissen/tristel-trio-erfuellt-die-anforderungen-von-semikritischen-medizinprodukten/